Die Geschichte über die hannoversche Restaurantkette „Francesca & Fratelli“, die in diesem Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum feiert, ist vor allem eine von Visionen und Liebe. Die Liebe zu einem Partner und die innerhalb einer italienischen Großfamilie. In einem exklusiven Interview hat Inhaberin Francesca Gastrofee erzählt, wie alles begann…
Mit 19 Jahren kommt Giacomo Pagano Scorcio von Sizilien nach Hannover. In der niedersächsischen Landeshauptstadt kommen seine sechs Kinder zur Welt – darunter auch Francesca Elveren-Pagano Scorcio. Die Namensgebern für die bekannte hannoversche Pizzamanufaktur sammelt schon früh Erfahrungen in der Gastronomie. Mit 13 Jahren beginnt sie in dem Lokal ihrer zehn Jahre älteren Schwester Mariella auszuhelfen. „Sie hat in Neustadt am Rübenberge eine Pizzeria betrieben. Ich habe mich dort jedes Wochenende um den Service und die Getränke gekümmert“, erzählt die heute 43-jährige über die Anfänge in der Gastronomie. Vier Jahre betreibt die Familie das Geschäft in der Region Hannover. Nach der Berufsfachschule entscheidet sich „Francesca“, wie sie heute von vielen liebevoll gerufen wird, für eine Ausbildung zur Fachfrau für Systemgastronomie bei Karstadt.
Francesca Elveren-Pagano führt den Betrieb weiter

Nach der Lehre beginnt sie im Restaurant „Sempre“ zu arbeiten. Die Bar gehört dem türkischstämmigen Unternehmer Kadir Elveren, der sie kurz vor der Weltausstellung „Expo 2000“ eröffnet hat. Der Freigeist sprudelt nur so vor Ideen und Power und hinterlässt einen bleiben Eindruck bei der jungen Italienerin. Die beiden verlieben sich. Und dann geht alles ganz schnell. „Mit 20 Jahren haben wir geheiratet. Mit 21 Jahren haben wir unser erstes Kind bekommen.“ Es ist eine große „Traumhochzeit“ mit 300 geladenen Gästen auf dem Expo-Gelände, die Kadir für seine „Principessa“ organisiert hat. Von der Blumendeko mit Palmen bis hinzu zum Szene-DJ – der kreative Lindner kümmert sich um jedes Detail und nimmt seiner schwangeren Verlobten alles ab.
Mit Baby Soraya an Bord und genauso vielen Ideen macht sich das junge Ehepaar im heutigen Kuhnstwerk mit ihrer ersten gemeinsamen Unternehmung selbstständig: der Diskothek „Magoo“. Drei Jahre lang betreiben sie den kleinen Club, in dem 300 Personen Platz haben. Nach einer Phase der Festanstellung im „El Cortijo“ und bei Europcar, in der ihre zweiter Tochter Ela-Sara geboren wird, entscheiden sie sich für eine weitere Gründung. Im Jahr 2008 eröffnen sie in der Deisterstraße das „Mio Mio„. Das kleine italienische Restaurant wird schnell beliebter, sodass sie vier Jahre später in derselben Straße eine größere Lokalität beziehen. „Dort hatten wir von Frühstück, über Mittag, bis hin zum Abend geöffnet“, sagt Francesca rückblickend über die arbeitsintensive Zeit.
Das Konzept „Francesca & Fratelli“ aus hannover wird zu einem riesen Erfolg

In dieser Zeit wird auch ihre dritte Tochter geboren. „Unser „Mio-Mio-Baby“, sagt sie und muss lachen. „Ich habe nur zwei Wochen nach der Geburt von Aurora pausiert. Meine Familie und Geschwister haben mich in dieser Zeit sehr unterstützt.“ Die wachsende Familie kann Kadir und Francesca von der Expansion nicht abhalten. Mit der Familie im Rücken sind sie stark und eröffnen nur ein Jahr später am Schwarzen Bär mit der Burgerbar „Ohnesorg“ ein weiteres Szenelokal, bevor das Fastfood zum absoluten Trend wird. Aber das Unternehmerpaar bleibt nicht in der Gegenwart stehen und feilt schon an der nächsten Idee. „Wir haben als Familie zu dieser Zeit nach der perfekten Pizza gesucht und angefangen, sie zu Hause selbst zu machen.“
Als ich das Lokal gesehen habe, kam mir sofort eine Idee in den Kopf: Hier müssen wir eine Pizzeria aufmachen.
Eines Abends entführt Kadir seine Francesca auf die Limmerstraße – hier ist er als Lindner Jung‘ aufgewachsen. Er kennt und liebt sein Viertel, das für seine Frau noch unbekannt ist. Es ist Sommer und auf der quirligen Straße herrscht „Bambule“, wie Francesca rückblickend berichtet. In der Limmerstraße 47 ist ein Ladengeschäft frei geworden. „Als ich das Lokal gesehen habe, kam mir sofort eine Idee in den Kopf: Hier müssen wir eine Pizzeria machen.“ Was sie nicht ahnt: Kadir hat den Mietvertrag schon längst unterschrieben. „Wir hatten beide dieselbe Idee – zwei Dumme, ein Gedanke“, sagt sie und lacht. Die beiden sind sich sofort einig: „Wir wollten ein gutes Produkt, aber wir wollten es nicht kompliziert gestalten.“ Der Anspruch: Pizza nicht mit Fast Food gleichzusetzen. Kadir tüftelt lange an dem Teig herum und Francesca kümmert sich um die Auswahl der Produkte, denen sie bis heute treu geblieben sind.
Im Jahr 2014 ist es soweit: Sie eröffnen ihre erste „Francesca & Fratelli“ Pizzeria auf der Limmerstraße. „Fratelli“ steht dabei für das italienische Wort für Geschwister. Die Unternehmerin erklärt die Wahl des Namens wie folgt: „Kadir hat immer gesagt, er stehe für das ,und‘, weil er die Familie und die Geschwister zusammenhalte.“ Und er ist auch der kreative Kopf hinter dem ansprechenden Ladendesign, dass eine fröhliche Atmosphäre verbreitet. Und auch die authentischen Pizzavariationen kommen gut an. „Als wir auf der Limmerstraße angefangen haben ist es eingeschlagen wie eine Bombe“, sagt die 43-Jährige über die Anfänge. Das Motto ihres Vaters „Mangia e stai zitto„, was so viel bedeutet wie „Iss‘ und sei ruhig“, wird zum präsenten Leitspruch in allen Lokalen der Familie.

Authentische Pizza und kreatives ladendesign werden zu den erfolgsfaktoren
Nur ein Jahr später folgen drei weitere Eröffnungen von „Francesca & Fratelli“. In der Seilwinderstraße, auf dem Engebosteler Damm sowie eine eigene Weinbar in Linden. Im Jahr 2016 wird der bis heute größte Laden der Pizza-Kette in der Calenberger Esplanade eröffnet. Es folgen weitere Läden in der Ständehausstraße (2017), Sedanstraße (2018) und im Tiedthof (2019).
Und auch während der Corona-Pandemie steht das Unternehmen nicht still. Mit dem „Luigi’s Supermercato“ eröffnet die Familie während des Lockdowns einen italienischen Supermarkt auf der Limmerstraße. „Wir haben rund um die Uhr gearbeitet – einfach gemacht und gemacht.“ Nur die Sonntage bieten der Familie Ruhepausen vom Alltag sowie der jährliche Urlaub im Ausland. War die viele Arbeit eine Belastung für die Familie? „Nein. Wir waren einfach glücklich, dass alles so gut geklappt hat.“

Das große Glück zerbricht im Jahr 2023. Mit nur 46 Jahren stirbt Kadir Elveren am 2. Oktober an einem Herzinfarkt. „Die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun“, sagt Francesca über die Schreckensstunden im Krankenhaus. Kurzzeitig fühlt es sich für die Familie wie ein Alptraum an, der sie dennoch nicht zerbrechen lässt. Auch jetzt ist es wieder die Stärke der Großfamilie, die Francesca und ihren drei Kindern den nötigen Halt gibt. „Wir haben uns damals gesagt: Wir sind eine Mädchenbande – und wir sind ein Team.“ Nur ein paar Tage bleiben die Filialen geschlossen, denn für die Unternehmerin ist klar: Es muss weitergehen. Es soll weitergehen. Sie macht deutlich: „Ich möchte das, was wir haben, halten. Und so weitermachen, wie es auch in seinem Interesse gewesen wäre.“
Ich möchte so weitermachen, wie es auch in seinem Interesse gewesen wäre.“
Und auch der Ideenreichtum und die Visionen für ihr kleines Pizza-Imperium sind Francesca nicht ausgegangen. Schon seit 2018 verkaufen sie ihren selbst gemachten Pizzateig mit der passenden Tomatensauce in über 60 Supermärkten der Region. „Mein Ziel ist es, dass wir unsere Produkte irgendwann bundesweit verkaufen können.“ Bereits jetzt unterstützen sie ihre Kinder bei allen Vorhaben und in ihren sieben Läden. Ela-Sara hat bereits die Betriebsleitung in der Ständehausstraße übernommen und die 12-Jährige Aurora träumt schon davon, in die Fußstapfen der Mutter treten zu können.
Eines steht für Unternehmerin Francesca Elveren-Pagano Scorcio definitiv fest: „Wir müssen positiv in die Zukunft schauen.“

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