Was macht einen Trendladen zu einem Trendladen? Ist es seine Lage in einem angesagten Stadtteil, sind es die vielen schönen und jungen Menschen, die fotogen in Ecken herumlümmeln, ist es die Bar, hinter der Cocktailspezialisten mit ernsten Gesichtern bunte Flüssigkeiten zusammenmixen?

Im Lindenblatt, Limmerstraße Ecke Stärkestraße, scheint all das zu zu treffen. Da, wo die Fleischerei Behnsen jahrzehntelang ansässig war, zeugen noch heute Bilder in der Speisekarte von der einstigen Tradition. Die sind allerdings das einzige Zugeständnis an alte Zeiten, der Rest ist neu – und stilistisch gelungen. Die Einrichtung im Lindenblatt ist geprägt von warmen Tönen, auf puristischen Kunstlederstühlen und -bänken in Gold und Braun finden fast 100 Gäste Platz, draußen vor der Tür sind weitere Plätze zum sehen und, wichtiger, gesehen werden.
Bei unserem Besuch ist der Laden sehr voll, England ist noch im WM-Turnier, das Spiel wird auf zwei Riesen-Flatscreens übertragen. Wir warten auf der „Limmer“ bei einem Glas sehr guten chilenischen Merlot (0,2 l für faire 3,90€), bis uns die umsichtige Bedienung einen Platz für drei in Aussicht stellt – leider direkt neben einem der brüllend lauten Fernseher.

Wir bestellen einen weiteren Merlot, einen Pfefferminz-Ingwertee (gelungen für 2,60 €) und einen leichteren Rotwein aus der Pfalz, ebenfalls für 3,90€. Fleischlastig wie die ehemalige Traditionsmetzgerei ist auch die heutige Karte im Lindenblatt: Von Currywurst über verschiedene Burger bis zu argentinischem Rumpsteak (250 g für äußerst günstige 14,50 €) sowie Nudel- und Pizzazvarianten wird man hier von der Kleinigkeit bis zum Sattwerden fündig. Meine Begleiter bestellen einen Wildlachsburger (8,50€ ohne Beilage) und die klassische Cheeseburger-Variante für 6,50€, ebenfalls ohne Beilage. Dieser Burger hat es allerdings in sich: Ein Stück wohlschmeckendes Rindfleisch versteckt sich zwischen zwei mächtigen Gaues-Brothälften – Verzweiflung macht sich breit. Wie soll man das Monster essen? Selbst der Amerikaner am Nebentisch („That’s about the biggest burger, I’ve ever seen. It’s uneatable.“) weiß keine Lösung. Meine Begleiterin, Fee Nummer eins, entscheidet sich für das selektive System: Sie lässt das Brot Brot sein und wendet sich dem gut gewürzten, knackig gebratenen Innenleben zu. Schwierig zu essen, aber schmeckt gut, lautet ihr Fazit. Diesen Burger kann man nach einem Arbeitstag im Bergwerk bestellen – oder wenn man ein Grizzlybär ist.
Bei Fee Nummer zwei kommt der Lachsburger besser an: Ein noch glasig gebratenes Stück Wildlachs hat die Bekanntschaft mit einer Senf-Honig-Dillsauce gemacht. Viel übersichtlicher als das käsige Exemplar und zwischen ein Roggenbrötchen gebettet, erfüllt dieser Lachsburger seinen Zweck: Er macht satt, hat wenig Kalorien, da auf Eiweißbrot serviert und belastet nicht.

Und schmeckt, wie die Fee wohlgefällig kauend bemerkt. Meine Bratkartoffeln mit Spiegelei bergen keine Überraschungen. Vielleicht sind sie ein wenig fettig, vielleicht sind sie ein wenig lieblos angerichtet, aber vielleicht ist es auch nur meine Erwartungshaltung, die mich das Besondere suchen lässt – was das chillig-stylishe Ambiente des neuesten Lindener Sprosses durchaus verspricht. Denn der hat eine eigene Nudelmaschine im Keller, einen Steinofen für Pizza und einen Chef, der viel Wert auf regionale Produkte und frische Zubereitung der Speisen legt. Hier könnte eines neues In-Lokal entstanden sein. Auf jeden Fall ist das Lindenblatt eine große Bereicherung für Hannovers Gastronomie-Szene. Darauf einen Merlot.
Limmerstrasse 20
30159 Linden
Mo – Fr: 9:00 bis 2:00 Uhr
Sa: 10:00 bis 3:00 Uhr
So: 10:00 bis 1:00 Uhr
Telefon: 0511 45 00 88 08